Von Uwe Mauch.
Gülsün Gülfirat kann Kebab und Döner, aber sie kann auch das Naturschnitzerl.
„Gefüllte Melanzani.“ Antwortet die Markt-Frau auf die Frage nach ihrer Lieblingsspeise. Kurz vor Mittag wendet sie sich kurz von ihrem Kochtopf ab, in dem das heutige Menü bereits gart. Und ihr Lächeln kommt von Herzen. Gülsün Gülfirat ist mit der mediterranen Küche aufgewachsen, verbrachte in einem kleinen Dorf am Schwarzen Meer ihre Kindheit und Jugend, in Istanbul die ersten Jahre ihrer Ehe. Und sie hat auch auf dem Karmelitermarkt gekocht und Lebensmittel verkauft.
„Auf dem Markt sah ich auch meine drei Kinder groß werden. Das Leben unserer Familie hat sich immer auf dem Markt abgespielt.“
Seit März 2016 versucht Frau Gülfirat in Floridsdorf ihr Glück, gemeinsam mit ihrem Mann Müslim und ihrem Sohn Tarik. Ihr Stand liegt am Eingang zum Markt – für alle, die sich diesem von der Brünner Straße her nähern. Alle drei Gülfirats wohnen im 21. Bezirk. Sie lebt gerne in Österreich, sagt die Zugezogene dann. „Ich kam schon mit zwanzig nach Wien. Hier sind meine Kinder geboren.“ Hier hat sie auch immer gearbeitet.
Auf dem Markt ist sie von Montag bis Freitag. Ihr Arbeitstag beginnt vor acht Uhr, um Frühstück zu machen, und er dauert oft bis in die Dunkelheit.
Ja, auf dem Karmelitermarkt gab es mehr Angebot, und mehr Menschen. „Das ist wie Tag und Nacht“, ortet Gülsün Gülfirat gravierende Unterschiede. Man hat sie skeptisch gefragt, was sie denn auf der anderen Seite der Donau ausrichten wolle. Und sie hat sich den Neuanfang auch ein bisschen einfacher vorgestellt.
Aber dem Schlingermarkt, sagt sie heute, wohnt „ein gewisser Zauber“ inne.
Er wirkt auf sie wie ein kleiner Schatz, auf den die Menschen aus welchen Gründen auch immer irgendwann vergessen haben. Ihr Sohn Tarik, der auf dem Markt Wraps erzeugt, wirft in das Gespräch ein: „Es gibt auch diesen Retro-Charme, der diesen Ort irgendwie einzigartig macht.“
Allmählich 12 Uhr, und die ersten Hungrigen treten ein, um an ihrem Mittagstisch Platz zu nehmen. „Volle Teller“, so lautet der Name des Marktstands. Zwischen zwölf und halb eins macht Frau Gülfirat das meiste Geschäft. Selbstverständlich kann sie auch Döner „mit alles“ und Kebab „mit scharf“, aber sie beherrscht auch das typisch österreichische Naturschnitzerl. Die Falaffel, die gefüllten Paprika und Zucchini sowieso. „Täglich koche ich frisch.“
Und sie könnte deutlich mehr schaffen: „Wenn sich doch nur mehr Gäste von mir bekochen ließen.“ Derzeit bereitet Gülsün Gülfirat nur zwölf Portionen pro Mittag zu, diese wie gesagt mit ihrem Herzen: „Ich mache das gerne, und ich esse auch gerne.“
Und am Ende lächelt sie wieder: „Ich freue mich, wenn es meinen Gästen schmeckt.“