Sie sehen die Welt aus einem Meter Höhe; Schilder können sie nicht lesen, dafür bilden Farben, Gerüche und Geräusche ein buntes Durcheinander. Kinder nehmen am Markt Vieles wahr: Während wir Erwachsenen Einkaufslisten abarbeiten, üben sich unsere Kleinen im Beobachten und Spurenlesen:
„Hier hat jemand Blumen verkauft“ erkennt Olga und hebt eine vertrocknete Blüte vom Boden des Bauernmarktes auf.
Dass Märkte über die Generationen hinweg an Popularität verloren haben, ist auch unseren Jüngsten bekannt: Während die Oma noch am Markt einkauft, geht die Mama meist zum Supermarkt. „Der ist näher und bequemer“. Trotzdem strahlen Märkte eine gewisse Faszination aus: Seltene Kartoffelsorten findet man nur hier, außerdem kann man sich von den VerkäuferInnen gut beraten lassen. Dass der Markt auch als Ort der Kommunikation, des Aufenthaltes und des Zusammenlebens fungieren kann, stößt auf Interesse:
Geht es nach den Kindern, sollte es in Zukunft einen Sandstrand, eine Rutsche, Holzkisten zum Verstecken und bunt bemalte Marktstände mit Gärten auf den Dächern auf dem Schlingermarkt geben.
„Für den Markt sind Kinder die KundInnen von morgen. Daher ist es wichtig, ihr Bewusstsein für ihr Umfeld von klein auf zu fördern, ihre Perspektive in Planungen einzubeziehen“ weiß Sabine Gehmayr von der Gebietsbetreuung. Im Rahmen diverser Veranstaltungen und Expeditionen begibt sich die Gebietsbetreuung mit Kindern und Jugendlichen auf Erkundungstour am Schlingermarkt. Das Ziel: Kindern das Thema Markt und den Wert dieser Altwiener Institutionen schmackhaft machen – und zwar so, dass auf den Markt gehen zum Erlebnis wird. Kooperationen mit dem Architekturzentrum, wienXtra, StandlerInnen oder dem Marktamt ermöglichen ein diverses Programm: Einmal gibt es eine Führung durch den Marktkeller, einmal schlüpfen Jugendliche ein paar Stunden in die Rolle eines Marktstandlers, ein anderes mal bauen die Kleinen selbst einen temporären Spielplatz zwischen den Marktständen – warum ist da noch niemand früher drauf gekommen?
Kinder für Märkte zu begeistern, erfordert einen anderen Blick als jenen, den Verwaltung, PlanerInnen und StandlerInnen üblicherweise innehaben.
Wer nicht groß genug ist, um über den Verkaufstresen zu sehen, wer statt belebter Gänge nur Taschen auf Gesichtshöhe erlebt und kein passendes Angebot für seine Altersgruppe findet, tut sich schwer, den Markt zu lieben. Nur wenige Märkte sind so gestaltet, dass sie unseren Jüngsten Spaß machen. Während die größeren Supermärkte ihre Einkaufswägen in Spielzeugautos verwandeln, sucht man auf Märkten meist vergebens nach Unterhaltung. Dabei herrscht unter PlanerInnen durchaus das Bewusstsein, wie sehr Kinder den öffentlichen Raum bereichern. Jan Gehl, dänischer Städteplaner und „Meister des öffentlichen Raumes“, sagt:
„Es gibt einen sehr zuverlässigen Indikator für die Lebensqualität in einer Stadt: Schauen Sie sich um und sehen Sie, wie viele Kinder und ältere Menschen auf den Straßen und Plätzen unterwegs sind.“
Die Kreativität von Kindern kann uns Erwachsene inspirieren, Orte vielfältiger, lebendiger und für alle Altersgruppen attraktiv zu gestalten. Quirlige Plätze, lachende Gesichter und – auf den ersten Blick vielleicht schräge neue Ideen sind genau was Märkte brauchen; ganz nach dem Motto eines bekannten Popsongs: „Die Welt gehört in Kinderhände, dem Trübsinn ein Ende“.
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